In den letzten Tagen des Jahres 1975,
am 29.12., verstarb nach langem,
schwerem Leiden der Eberbacher Maler
Heiner [Heinrich] Knaub.
Mit ihm verlor Eberbach einen bedeutenden Sohn der Stadt und einen Bürger, der sich in vielfältiger Weise um seine Heimatstadt verdient gemacht hat.
Am 26.1.1904 in Eberbach geboren, besuchte Heiner Knaub nach der
Schulzeit¹ zunächst das Lehrerseminar
in Karlsruhe [1924–1927]. Er schwankte lange, ob er Musiker werden – er war in den zwanziger Jahren der führende Geiger im damaligen Eberbacher Orchesterverein – oder sich der darstellenden Kunst
zuwenden sollte.
Die Frage wurde zugunsten der
letzteren entschieden, als er eine Ausbildungsstelle am Bauhaus in Dessau erhielt [1928–1931].
Zu seinen Lehrern zählten u. a. Paul Klee und W. Kandinsky. Die Maximen des Bauhauses, handwerkliches Können, strenge Linienführung und Konzentration
auf das Wesentliche wurden für
H. Knaub richtungsweisend.
Nachdem er noch zwei Jahre an der Kunstakademie in München studiert
hatte [1931–1933], ließ er sich in Mannheim nieder als künstlerischer Leiter einer Glasmalerei² und als freischaffender Künstler. Diese Laufbahn wurde durch
den 2. Weltkrieg jäh unterbrochen.
Erst spät kam Heiner Knaub aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Eberbach zurück [1947], sein Atelier in Mannheim war einem Bombenangriff zum Opfer gefallen.
Der Neuaufbau der Existenz war schwierig. Nach einer vorübergehenden Tätigkeit als Journalist übernahm Heiner Knaub schließlich eine Lehrerstelle an der Berufsschule in Heidelberg [1952],
daneben nahm er seine künstlerische Tätigkeit wieder auf.
Die Eindrücke mehrerer Studienreisen nach Italien wurden in zahlreichen Aquarellen und Zeichnungen festgehalten.
Seine letzte große Reise führte ihn nach Paris³, danach erkrankte er hoffnungslos. Nachdem er noch das Weihnachtsfest im Familienkreise hatte feiern können, schloß er am 29.12.1975 seine Augen für immer.
Werke von ihm sind u. a. im Eberbacher Krankenhaus (Pferdegruppe)
sowie im Gymnasium zu sehen
(Metall-Relief im Treppenhaus)⁴.
Auch als Graphiker wirkte er für Eberbach.
In Leserbriefen setzte er sich engagiert
für städtebauliche Belange seiner
Heimatstadt ein.
Auf dem Gebiet der Musik betätigte er
sich aktiv in mehreren Abendmusiken
der 50er Jahre sowie in privatem Kreise.
So rundet sich das Bild eines vielseitigen Menschen, der bei aller Bescheidenheit nachdrückliche Akzente in seiner
Heimatstadt setzte als Künstler,
als Bürger und als Mensch. J. [H. Joho]
Quelle: Ebb. GBl. 74/75 (1976), S. 39 (Totenliste; ohne Zwischenüberschriften und Fußn. im Orig.)
26. Jan. 1904
Geboren im Alten Badhaus in Eberbach (Altstadt); keine Geschwister,
der Vater war Schreinermeister.
1910–1923(?)
Volksschule,
anschl. Realschule („Höhere Bürgerschule“)
mit damals 6 Jahrgangsstufen in Eberbach;
Ort und Schule des Abiturs unbekannt
(vermutl. Oberrealschule
(heute: Helmholtz-Gymnasium) Heidelberg)
1924–1927(?)
Studium I: Lehrerseminar in Karlsruhe⁵
1927/28(?)
Beruf I: Unter- oder Hilfslehrer(?) an der Volksschule in (Eberbach-)Rockenau⁶
1928 – Juni 1931
Studium II: Bauhaus in Dessau (Diplom Nr. 44)
1931–1933
Studium III: Akademie der Bildenden Künste
in München⁷
Beruf II: Künstlerischer Leiter der
„Kunstanstalt für Glasmalerei“
von Erwin Drinneberg (Mannheim-Lindenhof)
Verlobung mit Gretel Laule (* 1905)
Eheschließung I mit der Sängerin Hela Wette
aus Mannheim
bis 1947
Kriegsdienst und russische Gefangenschaft;
Tod der Frau,
Atelier zerbombt
wohl 1952
Eheschließung II mit der Lehrerin
Elisabeth Knaub in Eberbach,
Geburt der Tochter Ricarda
ab 1952
Beruf III: Berufsschullehrer an der
Gewerbeschule II in Heidelberg
(heute: Johannes Gutenberg-Schule⁸)
und freier Künstler
29. Dez. 1975
Verstorben in Eberbach
¹ Besuch der sechsklass. Realschule
(„Höhere Bürgerschule“, ohne Latein)
in Eberbach, externes Abitur
² Drinneberg & Stöckle, Kunstanstalt für Glasmalerei, Mannheim-Lindenhof, Rennershofstr. 14:
Glasmalerei und Kunstverglasungen. (Angabe 1930) Johannes Kriebitzsch (1857–1938) hatte schon seit 1912 mit Ottfried Waldemar Stöckle (1882–1950) zusammengearbeitet und hat dann im
Jahr 1930 Werkstatt und Geschäft an seinen langjährigen Mitarbeiter Erwin Drinneberg
(1890–1964; gelernter Glasmaler und studierter Kunstmaler, ebenso Weltreisender, Reiseschriftsteller und Kunsthändler in Mannheim) abgegeben. – Anm.: Der Kunstmaler
(pictor artifex, seit dem 17. Jh.) ist vom Grob-, Flach- und Stubenmaler (Anstreicher) zu unterscheiden.
In der Rennershofstr. 14 (3. OG) wohnte auch die Konzertsängerin und Gesangspädagogin
Hela Wette, wohl Nichte von E. Humperdinck (dann Tochter der A. Wette geb. Humperdinck und des H. Wette) und Knaubs spätere Frau.
Im Hinterhaus waren die beiden Kunstmaler
Heinrich Knaub (EG; Wohnung und Atelier) und Erwin Drinneberg (1. OG, wohl nur Atelier bzw. Werkstatt und Büro) gemeldet. (Angaben 1938)
³ „Anfang der 70er Jahre, nicht lange vor seinem Tod, unternahmen Onkel Heiner und mein Vater [sein Cousin Rudolf Krauth, 1923–2001] zusammen eine Reise nach Paris. […] Wir haben noch eine Mappe mit einigen Skizzen von
Onkel Heiner, die aus dem Fenster heraus gemacht wurden und die Dächer von
Paris mit den Kränen um das gerade im
Bau befindliche Pariser Kulturzentrum
Centre Georges-Pompidou [Bauzeit 1971–1977] herum zeigen.
Auch gibt es da noch Skizzen von ‚Notre Dame‘. Ich kann mich noch sehr gut erinnern,
wie die beiden bestens gelaunt von der Reise zurückkehrten.“
(Stephan Krauth, E-Mail vom 7.4.2020)
⁴ Zur Großplastik und zu weiteren Werken
siehe unten unter Knaub, Heiner II.
⁵ 1926 gingen die drei Lehrerseminare
(evgl., röm.-kath. und für Frauen) in
der neuen Lehrerbildungsanstalt Karlsruhe
(1926–1936 und 1942–1952) auf,
aus der sich wiederum in mehreren Etappen (1936–1942: Hoch-schule für Lehrerbildung,
1952–1962: Pädagogisches Institut)
die Pädagogische Hochschule Karlsruhe
entwickelt hat (1962 ff.).
⁶ H. Knaub ist in der (unvollständigen) Lehrerliste der Volksschule Rockenau nicht aufgeführt.
Lit.: Zimmermann, Willi:
Die Volksschule in Rockenau, in: Ebb. GBl. 96 (1997), S. 88–105, hier: S. 98 f.
⁷ Ursprünglich „Königliche Akademie der Bildenden Künste“, gegr. 1808 von König Maximilian I.
⁸ Die Schule hat zu den Dienstzeiten von
Heiner Knaub keine Unterlagen mehr.
Gleiches gilt für die Tätigkeit seiner
Frau Elisabeth als Lehrerin an der
Dr. Weiss-Schule (Grundschule) in Eberbach.
Quelle: EBERBACHER ZEITUNG
1972
Ausstellung in der Galerie der (Hinter-)Hofbuchhandlung in Eberbach
21.12.1977
Ausstellung Eberbacher Künstler
(ohne Angabe des Ausstellungsortes)
1980
Benennung des Heiner Knaub-Weges in Eberbach (auf dem Scheuerberg)
3.10.1981
[Elisabeth Knaub, d]ie Witwe des Eberbacher Kunstmalers Heiner Knaub[,] hat die Werke ihres verstorbenen Mannes, die als Leihgabe im
Heiner-Knaub-Saal [des Kurhauses / der Stadthalle] ausgestellt sind, der Stadt Eberbach geschenkt. Die Schenkung beinhaltet [ursprgl. 16] Werke im Wert von 30.000,– DM. [Vertrag vom 7.10. bzw. 14.10.1981; Werke aus dem WK II bis 1970]
Quelle: Ebb. GBl. 81 (1982), S. 219
(Rubrik: Zeitgeschehen 1981)
Winter/Frühjahr 1985:
Gedenkausstellung im Kurzentrum Eberbach
(heute: Reha-Zentrum)
Winter 2019/20:
Ausstellung im Museum Cajeth (Heidelberg)
Der kleine Saal im 1. OG der Stadthalle
(ehemals Kurhaus) der sog. Heiner-Knaub-Saal, ist im Jahr 2007 umgewidmet worden und hat dadurch auch seinen Namen verloren. Er dient nun der Stadtbücherei als Bibliothekssaal
(mit Freihandaufstellung der Bücher) und Veranstaltungsraum. – Die Bilder von
Heiner Knaub werden z. Zt. (Herbst 2019)
im Rathaus präsentiert (3. OG).
Im Erdgeschoß des großen Treppenhauses (Hauptbau) des Hohenstaufen-Gymnasiums Eberbach hing bis ca. 2006 eine Großplastik
von Heiner Knaub; Breite mind. 6 m.
Sie wurde mit dem Schweißbrenner zerlegt
und demontiert, schließlich im Tiefkeller der Turnhalle eingelagert. Bei sich bietender Gelegenheit soll sie wieder aufgehängt und ausgestellt werden.
Im Dienstzimmer des Schulleiters des Hohenstaufen-Gymnasiums hing auch Jahrzehnte lang ein Bild von Heiner Knaub; Motiv: Pfarrhof in Eberbach.
(Hinweis von Wolfram Kühn, Abi 1961)
Das Bild ist heute abgehängt.
Der Fachbereich Bildende Kunst des Hohenstaufen-Gymnasiums hat in seinem Bestand die Graphikkassette mit zwölf Reproduktionen, Ex. Nr. 126 (1978).
E-mail: heinerkaubnachlass@web.de
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